Denn ein paar Dinge waren mir trotzdem wichtig: Süden, Sonne, Strand & Meer! Und obendrein kurze, fußläufige Wege sowie eine Sprachschule, in der man schnell Kontakt zu anderen Sprachschülern bekommt.
Aber jetzt der Reihe nach: Die beschauliche Stadt an der andalusischen Atlantikküste begrüßte mich Anfang Juni mit traumhaften Sonnenschein und warmen 25°C und hatte somit die ersten Pluspunkte gesammelt. Noch in Deutschland war ich bei nasskaltem Schmuddelwetter und Temperaturen um die 10°C abgeflogen. Den nächsten Pluspunkt gab es für meine Unterkunft: Diese lag in der historischen Altstadt von Cádiz in der Calle Virgen de la Palma, der Straße in Cádiz, die bekannt ist für zahlreiche Restaurants, welche die typischen, gaditanischen Fischgerichte (meist frittiert) servieren. Damit war dann also auch die Frage der Verpflegung geklärt ;-). Aber auch bis zum einzigen Strand in der Altstadt, dem Playa la Caletta mit dem klassischen Badehaus , waren es nur ein paar Meter. Somit stand fest: Vokabellernen würde (wenn überhaupt) hier stattfinden und nicht am Schreibtisch, der in meinem Zimmer in der WG natürlich auch bereitstand. Mindestens ein weiterer Pluspunkt!
Ich machte mich direkt auf die erste Erkundungstour: Vorbei am Playa la Caletta, der an diesem sonnigen Sonntag das perfekte Familienausflugsziel für die Gaditanos (Einwohner von Cadiz)war, entlang der befestigten Promenade hin zum grünen Parque Genoves mit dem künstlichen Wasserfall und dann durch die verwinkelten, oft kopfsteingepflasterten Gassen und über breite palmengesäumte Plazas zurück zu meiner Unterkunft. Ich war begeistert! An fast jeder Ecke lockte eine gemütliche Bar oder ein kleines Café und die Plätze waren voller Familien und Menschen. Die spanische Lebensfreude hatte mich direkt in ihren Bann gezogen und auch ich konnte nicht widerstehen und genoss das bunte Treiben bei einem kühlen Getränk (weitere Pluspunkte).
Abends machte ich dann die nächste Bekanntschaft mit dem spanischen Leben: Auf Empfehlung des Appartement-Besitzers machte ich mich gegen halb neun auf zu einer kleinen Tapas-Bar ein paar Meter die Straße runter. Mein deutscher Magen hatte bereits gegen 19 Uhr angefangen zu knurren, aber da ich mich ja den spanischen Zeiten anpassen wollte, hatte ich ausgeharrt. Zweimal lief ich an dem Laden vorbei, der angeblich immer gut besucht sein sollte. Beim dritten Mal wagte ich mich dann in die gähnende Leere des kleinen Lokals (auch wenn mein Spanisch sehr eingerostet war, dies musste einfach die beschriebene Bar sein).
Zum Glück sprach der junge Inhaber ein wenig Englisch, war froh über ein wenig Praxis und so plauderten wir in einem Mischmasch aus Spanisch und Englisch, ich ließ mir fantastische Tapas empfehlen (ohne richtig zu verstehen, was es war), freute mich über das kühle Cerveza (bzw. Cervecitas, wie ich später lernen sollte) und noch mehr als ich nach einer guten Stunde gerade mal fünf Euro für dieses großartige Abendessen zahlen sollte. (Noch ein Pluspunkt für Cadíz.) Zu Beginn meines Gesprächs hatte ich mich noch gewundert, dass der Inhaber berichtete, der Laden liefe sogar so gut, dass er nur am Wochenende abends aufmachen würde. Als ich die Bar verließ, verstand ich auch, was er meinte. Denn sowohl der Innenraum als auch die paar Tische, die auf der Straße standen, hatten sich in der Zwischenzeit gut gefüllt. Aus gähnender Leere war spanisches Leben geworden! Und mir klar: Halb neun ist im Leben eines Gaditanos etwa halb sechs deutscher Zeit!
Am nächsten Morgen ging es dann bei traumhaften Sonnenschein und mit herrlichen Blick auf das Meer entlang der Promenade zur Sprachschule (Pluspunkt!). Diese liegt in der sogenannten Neustadt von Cadíz in einer ruhigen Straße, ist aber nur wenige hundert Meter entfernt von sowohl der antiken Stadtmauer, der die beiden Stadtteile voneinander trennt, als auch vom 9 km langen weißen Sandstrand. Meinen Einstufungstest hatte ich bereits vorab online gemacht, so dass ich nach einer kurzen Begrüßungsrunde direkt in meinen Sprachkurs konnte. Dort warteten bereits Blanca, meine Lehrerin für die nächsten zwei Wochen, sowie eine Schweizerin und eine Holländerin auf unseren ebenfalls neuen amerikanischen Kursgefährten und mich. Nach einer kurzen Vorstellung ging es dann direkt los mit einigen Übungen, aber vor allem viel Konversation. Schnell war klar, dass dies eine lustige Truppe war und sowohl persönlich als auch vom Sprachniveau gut zusammenpasste (inkl. unseres südtirolischen Zuwachs am nächsten Tag). Auch die Truppe der zweiten Woche (leider verließen uns gleich drei Teilnehmer) war sehr nett und ebenfalls ein bunter Nationalitätenmix, konnte aber nicht ganz an die erste Woche heranreichen. Dennoch ein dicker Pluspunkt für den abwechslungsreichen Unterricht!
Der Gruppenunterricht war in der Regel zweigeteilt: In der ersten Hälfte stand Grammatik (ein bißchen Theorie muss halt sein ;-)) aufgelockert durch viele praktische Übungen auf dem Programm. In der zweiten Hälfte war dann der mündliche Austausch über bestimmte Themen Schwerpunkt und so diskutierten wir darüber, warum wir gerne im Wilden Westen leben wollen würden (oder auch nicht), erdachten uns die „glorreiche“ Zukunft der anderen Kursteilnehmer oder tauschten uns über unsere Lieblingsbücher, -musik oder –filme aus. Schnell lernte man so die anderen Teilnehmer kennen und man plauderte auch in der gut halbstündigen Pause weiter, die meist in der kleinen Kaffeebar ein paar Meter die Straße runter stattfand. Dort gab es nicht nur die leckersten Tostadas mit Salsa de tomate und einen kleinen Café con leche für unter zwei Euro (Pluspunkt!). Man kam auch schnell mit Sprachschülern aus anderen Kursen in Kontakt und verabredete sich z.B. für den Nachmittag (direkt ein weiterer Pluspunkt).
Zuvor stand für mich jedoch noch eine Einzelstunde auf dem Programm. Nach vier Stunden Unterricht am Vormittag war dies eine echte Herausforderung und nicht nur einmal musste ich meiner Lehrerin gestehen, dass ich extrem müde war oder dass mich meine Konzentration verlassen hatte. Geduldig wurden mir dann aber dennoch meine Wunschthemen erklärt und schnell schlossen sich ein paar Wissenslücken.
Nach dem Unterricht hörte es mit dem Spanischsprechen aber nicht auf! Nicht nur das offizielle Freizeitprogramm der Schule fand natürlich auf Spanisch statt (obwohl die Organisatorin Marian auch super Englisch spricht). Da aber nicht alle gerne Englisch sprachen, unterhielt ich mich auch so mit einigen anderen Schülern fast nur auf Spanisch. Gegen Ende des Tages war dies sicherlich mehr falsch als richtig, aber wir verstanden einander und konnten uns ja immer noch ein wenig mit Englisch behelfen. In jedem Fall half dies aber dabei sich schneller in der Sprache wohl zu fühlen und die Hemmung vor dem Sprechen zu verlieren (noch immer bewundere ich das Sprachtalent meiner französischen „Kameradin“, die trotz Anfängerkurs einfach munter drauf losplapperte und innerhalb von zwei Wochen großartige Fortschritte machte). Nichtsdestotrotz kann ich auch diejenigen Sprachschüler verstehen, die mehrere Wochen vor Ort sind und einfach irgendwann einmal wieder eine normale Konversation führen möchten, ohne dabei nach Vokabeln oder der richtigen Zeitform zu suchen.
Ich könnte nun noch ewig weitererzählen. Zum Beispiel von den vielen leckeren Tapas, die ich während der Zeit probiert habe. Oder von der kurzweiligen Sightseeing-Tour, den traumhaften Standbesuchen, dem beeindruckenden Flamenco-Abend oder der interessanten Sherry-Probe. Von den netten Abenden, die wir auf den Plazas bei einem Tinto Verano, ein paar Cervecitas oder auch einem leckeren Sherry verbracht haben. Oder auch von den schönen Ausflügen in die Umgebung! Aber am besten ist es wohl, wenn ihr einfach selbst mal nach Cádiz reist und Euch diese bezaubernde Stadt anschaut. Ich jedenfalls kann eine Sprachreise nach Cádiz nur wärmstens weiterempfehlen.
P.S.: Der Vollständigkeit halber hier auch noch zwei Minuspunkte: 1. Die zwei Wochen gingen viel zu schnell vorbei und 2. habe ich viel zu wenig Schlaf bekommen. Aber das Leben in Cádiz war einfach zu abwechslungsreich und interessant, als dass ich früh ins Bett hätte gehen wollen. :D