Ich habe mich direkt wohl gefühlt. Es war auch nicht so, wie man es aus amerikanischen Filmen kennt.
Meine Aufgaben bestanden darin, meine Chefin, die für den Einkauf aller Zutaten verantwortlich war, zu unterstützen. In diesem Fachgebiet hatte ich bisher noch keine Erfahrungen gesammelt, daher war viel neu für mich und ich konnte einiges lernen. Da die Kollektionen immer ausgefallener werden, gibt es von zu Saison zu Saison mehr Zutaten die wichtig werden. Ich kümmerte mich um angelieferte Bestellungen, diese mussten geprüft und abgezeichnet werden. Fehlbestände oder Extralieferungen mussten erfasst werden. Mit Hilfe eines Produkt-Daten-Management Systems (PDM) hatte ich jederzeit vollen Überblick über die Kollektionen. Stückzahlen und die jeweiligen Zutaten waren alle hinterlegt und für mich einsehbar. Sobald alle Zutaten im Headquarter in New York angekommen waren, mussten alles ausgepackt und für die jeweiligen Produktionsstätten, die hauptsächlich ihren Sitz in Midtown (NY) hatten, aufgeteilt werden. Dabei ging es um das exakte zählen oder wiegen von Knöpfe, Reißverschlüsse, Haken und Ösen, Borten, Kordeln, Saumbändern, Bundverstärkungen, Pailletten, Steinen, Schnallen, Perlen und Garnen.
Alle wichtigen Informationen der Zutaten mussten auf ein Etikett gedruckt und auf das jeweilige Zutatenpaket geklebt werden. Aus dem PDM System war ersichtlich, welche Produktionsstätte welchen Style produziert. Gelagert wurde alles direkt im Office. Sobald alles beisammen war, war ich verantwortlich für die Auslieferung. Einige Pakete gingen nach Rumänien oder Italien, diese mussten mit DHL oder FedEx verschickt werden. Alle anderen gingen nach Midtown. Dort musste mit den Produzenten kommuniziert werden, da es oftmals zu Missverständnissen kam, die durch sprachliche Diskrepanz zustande kommen. Ich habe bisher nur kleine Nähereien in deutschen Modefirmen gesehen, die Produktionsstätten in Midtown waren alle für den highfashion Bereich zuständig. Dadurch, dass man meist öfters die Woche zu Besuch bei einigen war, konnte man auch beobachten welche Konkurrenzfirmen dort ebenfalls produzierten. Ich hätte nie gedacht, dass in New York überhaupt produziert wird.
Waren alle Auslieferungen fertig für die aktuelle Kollektion, gab es immer wieder Nachfragen zur alten Kollektion, da zum Beispiel etwas fehlte oder kaputt gegangen war. Ich musste also immer zwei Kollektionen im Auge behalten und da die Zutaten und Farben immer sehr unterschiedliche sind, habe ich immer Übersichten über alle Zutaten der Kollektionen angefertigt, um nicht durcheinander zu kommen.
Marc Jacobs hat für alle Praktikanten die in der Produktion arbeiten einen eigenen Raum, das bedeutet, man steht immer in Kontakt mit allen anderen und hilft sich gegenseitig. Gerade in stressigen Showphasen ist das sehr angenehm und man lernt gleichzeitig viele neue Leute kennen.
Sobald es zur Showtime kommt (meist 1 bis 3 Wochen vor Fashionshow) wird man auch von anderen Abteilungen eingeplant. Meist arbeitet man bis spät in die Nacht und am Wochenende. Aber man wird auf der Arbeit voll versorgt mit Essen und darf zum Ausgleich Tage freinehmen. Für diese Zeit vor der Show wird auch meist ein Schichtplan für alle Praktikanten erstellt, damit sichergestellt wird, das alle gleich berechtigt werden.
Es war für mich sehr interessant den Ablauf eines highfashion Unternehmens zu erleben und es im Gegensatz zur deutschen Modeindustrie zu sehen. Marc Jacobs selbst ist auch oft im Büro anzutreffen. Für Design- und Modestudenten kann ich so ein Praktikum nur weiterempfehlen. Es hat mich beruflich auf jeden Fall weitergebracht und es ist toll, Kontakte in New York und weltweit zu haben.
Auch nach der Arbeit haben die Praktikanten viel zusammen unternommen und mit einigen habe ich auch in einem Haus gewohnt. Da man in New York alle Möglichkeiten hat, die man sich nur wünscht, war meist alle freie Zeit verplant und nach 6 Monaten dort kann ich fast sagen ‘alles’ gemacht zu haben. Die Museen sind so vielseitig und im Angebot mit keiner anderen Stadt zu vergleichen, die Bars und Restaurants sind zahlreich und das Nachtleben bietet für junge Leute eine Menge Spaß. Die vielen Roof Tops und kleinen, netten Bars werde ich sehr vermissen. Da ich über den Sommer in New York war, haben wir oft am Wochenende versucht in die Hamptons zu flüchten, um der stickigen Luft aus Manhattan zu entkommen. Aber auch in Brooklyn gibt es einen schönen Strand. Zudem haben wir die Gegend um New York herum erkundet. Philadelphia, Boston und Washington sind gut mit dem Bus zu erreichen. Nach meinem Praktikum habe ich außerdem noch einen kleinen Road Trip mit einer Freundin gemacht. Wir sind die Ostküste entlang Richtung Norden nach Maine gefahren, rüber nach Kanada und durch Vermont, Connecticut wieder zurück nach New York. Amerika hat wirklich sehr viel zu bieten und ist sehr unterschiedlich von Staat zu Staat.
Für mich war diese Zeit ein tolles, unvergessliches Erlebnis und definitiv mein Highlight im Lebenslauf. Ich habe viel gelernt, viele Eindrücke sammeln können und neue Freunde kennengelernt.